Zeugenbergrunde Neumarkt – Wandern zwischen Natur & Geschichte
„Empor zum Meeresboden“ – so ließe sich die Zeugenbergrunde rund um Neumarkt in der Oberpfalz am treffendsten beschreiben: eine rund 50 Kilometer lange Wanderung, auf der erdgeschichtliche Prozesse aus Jahrmillionen erlebbar werden.
Doch was sind diese Zeugenberge – und was „bezeugen“ sie?
Zeugenberge markieren das frühere Niveau der Hochfläche. Sie bestehen aus besonders mächtigen, widerstandsfähigen Gesteinsschichten und trotzten Witterung und Erosion, während sich ringsum Täler und Ebenen herausbildeten. Nachdem wir diese Berge erklommen haben, stehen wir gewissermaßen „emporgestiegen“ auf dem ehemaligen Meeresboden des Jurameeres – vor rund 150 Millionen Jahren.
Zeugenbergrunde – die wichtigsten Fakten
Länge: ca. 52 km, 910 hm (offizielle Angaben schwanken 48–52 km)
Etappen: offiziell 3, gut auch in 2 machbar (30 + 22 km)
Startpunkte: Kloster St. Josef (Neumarkt) oder Ruine Wolfstein
Zertifizierung: Qualitätsweg „Wanderbares Deutschland“ & „Leading Quality Trail – Best of Europe“
Schwierigkeit: lange Tour, gute Kondition erforderlich, technisch unkompliziert
Die Zeugenbergrunde ist als Qualitätsweg „Wanderbares Deutschland“ sowie mit dem europäischen Qualitätssiegel „Leading Quality Trail – Best of Europe“ ausgezeichnet. Beides zeigt: Hier trifft geologische Spannung auf einen hervorragend geführten Wanderweg.
Neumarkt i. d. OPf. liegt für mich quasi vor der Haustür und ist eng mit meiner Schulzeit verbunden – also beste Gründe, mir die Runde selbst vorzunehmen. Offiziell ist sie in drei Etappen angelegt (Start am Kloster St. Josef in Neumarkt). Ich habe sie in zwei Etappen begangen und meinen Start auf den Wolfsteinberg verlegt: oben wartet nicht nur die eindrucksvolle Burgruine Wolfstein, sondern auch ein großartiger Blick über das Neumarkter Becken – der perfekte Überblick über die Zeugenberglandschaft.
In diesem Artikel nehme ich dich mit durch abwechslungsreiche Natur, zu geologischen Besonderheiten, geschichtsträchtigen Orten – und auf meine Zeugenbergrunde in zwei Etappen.
Die Zeugenberge – Geologische Zeitzeugen
Wie eingangs erwähnt, sind die Zeugenberge uralte Relikte der Frankenalb-Hochfläche, entstanden, als sich das Jurameer vor rund 150 Millionen Jahren zurückzog. Typisch für Schichtstufenlandschaften (Fränkische wie Schwäbische Alb), bestehen sie überwiegend aus Kalkgestein des Weißen Jura, darunter liegen häufig Sand- und Tonschichten.
Buchberg
Der markanteste Berg im Neumarkter Becken. Sein weitläufiges Plateau bot bereits den Kelten einen strategisch günstigen Siedlungsort; eindrucksvoll belegt durch die Ringwallanlage mit Zangentor. Mehrere Wege umrunden und erschließen den Berg auf unterschiedlichen Niveaus.
Staufer Berg
Fast wie ein Vulkankegel wirkt diese – kleinere – Erhebung. Am Gipfel liegt ein mächtiger Burgstall mit Ringwall und Abschnittsgraben. Von der einstigen Höhenburg ist wenig überliefert, die Geländespuren sprechen jedoch für sich.
Tyrolsberg
Die Plateauflächen von Tyrolsberg/Großberg liegen an der Europäischen Wasserscheide: hier fließt Wasser entweder Richtung Rhein/Nordsee oder Richtung Donau/Schwarzes Meer. Zudem entspringt hier die Sulz, die über Altmühl und Donau nach rund 2700 km das Schwarze Meer erreicht.
Dillberg
Der höchste der Zeugenberge (595 m) ist durch seine Sendemasten (über 200 m hoch) weithin sichtbar. Von der Kuppe bietet er eigentlich eine hervorragende Rundumsicht – die Zeugenbergrunde selbst führt jedoch nur durch seine Waldflanken und streift den Gipfel nicht. Rund um den Dillberg wurde Silbersand abgebaut (u. a. in den Bucher Höhlen). Am Fuß des Berges wurde der Goldhut von Etzelsdorf/Buch entdeckt – ein bedeutendes Artefakt der Bronzezeit.
Geologische Besonderheiten
Warum heißen sie Zeugenberge?
Sie „bezeugen“ das ursprüngliche Niveau der Hochfläche.
Entstanden, als das Jurameer vor ca. 150 Mio. Jahren zurückwich.
Härteres Kalkgestein blieb stehen, weichere Schichten wurden abgetragen.
Besondere Geotope am Weg:
Neumarkter Binnendünen: eiszeitliche Flugsande, heute Naturschutzgebiet.
Silbersandhöhlen (nicht direkt auf dem Weg): Überreste des Sandabbaus am Dillberg.
Nicht nur die Zeugenberge selbst sind geologisch spannend: Neben zahlreichen Felsformationen und Kalksteinaufschlüssen führen die Wege an alten Steinbrüchen, durch Sandsteinschluchten und die Neumarkter Binnendünen – ein als Geotop anerkanntes Naturschutzgebiet und Relikt eiszeitlicher Flugsande.
Geschichte erleben am Wegesrand
Die Zeugenbergrunde ist nicht nur ein Weg durch Wälder, Täler und Höhen – sie ist auch eine Reise durch die Geschichte. Am Wegesrand finden sich Spuren von keltischen Ringwällen bis zu mittelalterlichen Burgen.
Keltische Ringwälle am Buchberg
Auf dem nahezu 600 m hohen Buchberg liegen Reste eines ausgedehnten keltischen Ringwalls, der den Bergkamm umschließt – ein beeindruckendes Relikt früher Besiedlung.
Burgstall Staufer Berg
Gräben und Geländeformen verweisen auf eine hochmittelalterliche Burg, deren Geschichte weitestgehend verborgen liegt. Mauern sind verschwunden, die einstige Wehrhaftigkeit ist dennoch gut nachzuempfinden.
Burgstall Heinzburg am Schlossberg
Deutlich erkennbare Wälle und Gräben markieren den Burghügel der Heinzburg. Die Anlage gilt als spätmittelalterlich, auch wenn nur wenige Schriftquellen existieren.
Mariahilfkirche
Die barocke Kirche oberhalb Neumarkts (17. Jh.) ist Wallfahrtsort und Aussichtsbalkon zugleich: Blick über Stadt und Zeugenberge inklusive.
Ruine Wolfstein
Ein Höhepunkt der Runde: Die erstmals im 12. Jh. erwähnte Burg wurde vermutlich von den Herren von Wolfstein errichtete und thront hoch über Neumarkt. Bereits im 17. Jh. verfiel die einst so imposante Anlage – lange ragten lediglich Mauerkronen und überwachsene Keller aus dem Boden.
Heute zeigt sich ein anderes Bild: Seit Ende der 1990er Jahren hat der Förderverein „Wolfsteinfreunde“ Ausgrabungen und Sanierungen vorangetrieben. Freigelegte Keller, restaurierte Mauern und neue zugängliche Bereiche lassen die Dimension der Anlage neu erahnen.
Burg Wolfstein – Geschichte in Schichten
– Erbaut im 12. Jh. (Herren von Wolfstein)
– Bedeutender Adelssitz bis ins 16. Jh.
– Danach Verfall/Abbrüche
– Seit den 1990ern Ausgrabungen & Restaurierungen (Förderverein „Wolfsteinfreunde“)
– Heute: zugängliche Keller, restaurierte Mauern, mehrere neu erschlossene Bereiche
Persönliche Erinnerung: Früher sah ich hier vor allem Mauerkronen aus dem Boden spitzen – heute lässt sich ein ganzes neues Burgareal erkunden.
Natur & Landschaft
Kaum eine andere Tour in der Oberpfalz bietet auf so kompaktem Raum derart unterschiedliche Landschaftsformen.
Stille Wälder & offene Fluren
Abschnitte durch dichte Buchen- und Mischwälder wechseln mit weiten Fluren aus Feldern, Wiesen und kleinen Dörfern, die das Neumarkter Becken säumen.
Schluchten, Dünen & Bäche
Enge Sandsteinschluchten und die weichen Böden der Neumarkter Binnendünen setzen besondere geologische Akzente. Immer wieder begleiten kleine Bäche die Route.
Besondere Orte am Weg
Die Quelle der Sulz am Tyrolsberg, der Alte Kanal als schnurgerader Kulturlandschaftsstrich und der Pilsacher Leitgraben, der den Kanal einst mit Frischwasser versorgte.
Abwechslungsreiche Böden
Sandige Passagen, lehmige Rottöne und kalkige Abschnitte prägen das Gehen – mal weich und federnd, mal steinig und karg – stets mit wechselnden Vegetationsbildern.
Meine Wanderung – Zwei Etappen voller Eindrücke
Etappe 1 – Vom Wolfstein über Buchberg & Staufer Berg nach Tyrolsberg (30 km, 490 hm)
Start an der Ruine Wolfstein: Das Neumarkter Becken liegt im Sonnenlicht, eine leichte Brise streicht durch die Buchenkronen. Über abwechslungsreiche Pfade geht es zur Mariahilfkirche mit ihrem aussichtsreichen Balkon über der Stadt. Danach taucht der Weg in Sandsteinschluchten ab – kühl, schattig, das leise Tropfen von Wasser – bevor der weiche Boden der Binnendünen unter den Schritten leicht nachgibt und zum Alten Kanal leitet.
Höhepunkt ist der Buchberg: schmale, aussichtsreiche Wege, Spuren keltischer Besiedlung, der ehemalige Ringwall – hier fühlt sich Geschichte greifbar an. Im Anschluss der Staufer Berg mit den Resten eines mittelalterlichen Burgstalls; Gräben und Geländekanten zeichnen die Anlage wie mit feinem Bleistift in den Boden. Über offene Fluren und ruhige Waldstücke endet die Etappe am Tyrolsberg – ein Tag voller Wechselspiele aus Licht, Untergrund und Weite, der die Qualitätsauszeichnung der Runde eindrucksvoll bestätigt.

Etappe 2 – Über Tyrolsberg, Dillberg & Heinzburg zurück zum Wolfstein (22 km, 420 hm)
Von Tyrolsberg führt der erste Abstecher zur Quelle der Sulz; das leise Murmeln im Gras macht die weite Reise ihres Wassers Richtung Schwarzes Meer plötzlich vorstellbar. Über Tyrolsberg und Großberg ziehen sich wurzelige Waldpfade, die satt unter den Sohlen federn; nach der Bahnquerung öffnet sich die Linie über Grünberg zum Dillberg, wo sandig-rötliche Böden kontrastreich zum tiefen Grün der Wälder stehen.
Am Schlossberg lässt der Burgstall Heinzburg mit Wällen und Gräben die frühere Größe erahnen; Moospolster, Farn und ein Hauch von Harzgeruch verleihen dem Ort stille Würde. Über Loderbach, Friedlmühle und Bodenmühle geht es zum Pilsacher Leitgraben, dem stillen Wasserfaden der Kulturlandschaft – immer wieder mit Seitenblick zur Ruine Wolfstein, die wie ein Fixpunkt über der Runde wacht. Der Schlussanstieg zurück auf den Wolfsteinberg schenkt noch einmal Panorama; der Blick weitet sich, bevor die Tour am Ausgangspunkt rund wird.

Tipps für Wanderer
Wann, wie, worauf achten?
Beste Jahreszeit: März bis Oktobe.
Ausrüstung: gute Kondition nötig, Verpflegung & Wasser mitnehmen – Einkehr nur in größeren Orten.
Abstecher: Wer den Dillberg mit Aussicht und die Silbersandhöhlen erleben will, sollte vom Hauptweg kurz hinauf zur Kuppe gehen.
Praktische Infos
- Länge & Höhenmeter: ca. 52 km, 910 hm (offizielle Angaben variieren: ca. 48–52 km)
- Etappen: offiziell 3, gut auch in 2 längeren Etappen machbar
- Startpunkte: klassisch Kloster St. Josef (Neumarkt); alternativ Ruine Wolfstein
- Schwierigkeit: gute Kondition erforderlich; technisch unschwierig
- Beste Jahreszeit: März bis Oktober (Warme Temperaturen, Vielfalt der Natur, weite Sicht)
- Unterkunft: in größeren Orten entlang oder abseits der Strecke (z. B. Neumarkt, Berngau, Postbauer-Heng, Pilsach).
- Zertifizierung: „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ & „Leading Quality Trail – Best of Europe“
Etappen-Varianten
So kannst du die Zeugenbergrunde gehen:
Offiziell: 3 Etappen à ca. 16–18 km (Start Kloster St. Josef).
Individuell: 2 Etappen (30 km + 22 km) mit Start an der Ruine Wolfstein.
Tageswanderungen: einzelne Berge wie Buchberg oder Dillberg lassen sich auch separat erwandern.
Fazit

Die Zeugenbergrunde Neumarkt hat mich mit ihrer Vielfalt überrascht – und durchaus gefordert. Auf rund 50 Kilometern wechseln Wälder, offene Fluren, Schluchten und Höhenzüge so schnell, dass keine Langeweile aufkommt. Immer wieder öffnen sich weite Blicke über das Neumarkter Becken, bevor sie sich im Schatten dichter Wälder wieder schließen.
Besonders eindrucksvoll ist die Nähe von Natur und Geschichte: keltische Ringwälle, mittelalterliche Burgställe, die stolze Ruine Wolfstein – und dazwischen stille Bäche, die Sulzquelle oder die Dünenfelder, die fast exotisch wirken.
Für mich zählt die Zeugenbergrunde bei Neumarkt zu den spannendsten Mehrtagestouren der Oberpfalz: abwechslungsreich, fordernd und voller Geschichten. Vielleicht findest auch du auf dieser Runde deinen ganz persönlichen Lieblingsblick.
Deine Meinung zählt:
Hast du die Zeugenbergrunde schon einmal erwandert – vielleicht in drei Etappen, wie offiziell vorgesehen, oder so wie ich in zwei oder gar nur an einem Tag? Oder steht die Tour noch auf deiner Wunschliste?
Ich freue mich, wenn du deine Eindrücke, Tipps oder Fragen unten in den Kommentaren teilst oder mir auch gerne eine Nachricht per Mail oder über das Kontaktformular sendest.
Wenn dich die Vielfalt der Region begeistert hat, schau doch auch in meinen Artikel „Meine Oberpfalz – Flüsse, Felsen, Verwurzelung“ hinein. Dort nehme ich dich noch tiefer mit in die Landschaften rund um die Zeugenbergrunde.
Weiterführende Hinweise & Quellen
- Tourist-Information Neumarkt
- Qualitätswege Wanderbares Deutschland
- Meine Komoot-Collection zur Zeugenbergrunde
- Wikipedia: Zeugenbergrunde und weitere Informationen
- Bayerischer Denkmalatlas
Wieder ein sehr interessanter und ausführlicher Blogbeitrag, der viele Informationen über die Entstehung der Zeugenberge und landschaftliche Besonderheiten dieser tollen Gegend vermittelt! Danke dafür!
Hallo SabineB,
sehr gerne und freut mich, dass dir mein Artikel gefällt!
Liebe Grüße,
Johannes